Diese Andacht ist als Videoandacht ab Sonntag, 19.4.2020, 6h auf youtube verfügbar. https://www.youtube.com/watch?v=tpOgY1mybqI
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.
Herzlich willkommen zur Andacht am Sonntag Quasimodogeniti.
Quasimodogeniti ist lateinisch und bedeutet: Wie die neugeborenen Kindlein. Wir kommen von Ostern her, stehen noch ganz unter dem Eindruck der Auferstehungsfeier, des österlichen Jubels darüber, dass Christus von den Toten auferstanden ist und ewiges Leben und neues Leben schenken möchte, wer an ihn glaubt. Aufgrund von Ostern fühlen wir uns wie die neugeborenen Kindlein, die das Leben noch vor sich haben, die voller Leben und Energie stecken. Doch mischt sich in den Osterjubel, in die Euphorie über den Sieg des Lebens über den Tod, besonders in diesen Corona-Zeit auch Müdigkeit.
In den allermeisten Zeiten im Leben sind unsere emotionalen Zustände nicht rein. Das heißt: In uns ist nicht nur Osterfreude zu finden, in uns gibt es auch müde Stimmen, Stimmen der Kraftlosigkeit, Stimmen der Schlaffheit. Denn wir befinden uns ja seit vier Wochen im Ausnahmezustand. Ausgangsbeschränkungen setzen uns zu. Dazu die bange Frage: Wann werden die Ausgangsbeschränkungen, wann der Lockdown ein Ende haben? Wie wird der Lockdown beendet? Wann und wie werden wir zum Leben zurückkehren? Ich finde das wichtig ehrlich in sich hinein zu horchen und auch die müden, kraftlosen Stimmen in sich anzuhören, sie wahrzunehmen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Denn diese Stimmen in uns gibt es nun mal auch. Ja, schon die Bibel weiß darüber, weiß, dass Menschen müde und matt werden können. Denken wir nur an mein Lieblingsbild für das Leben: Die Pilgerwanderung eines Menschen zur Herrlichkeit. Das Ziel der Wanderung, unser Ziel ist wirklich herrlich: Denn am Ende werden wir Gott schauen.
Aber auf dem Weg dorthin ist nicht immer alles eitel Sonnenschein. Auf dem Weg gibt es Durststrecken, gibt es Phasen der Müdigkeit, Abschnitte, in denen man nicht mehr kann, sich vielleicht sogar schon das Ende herbeisehnt. Auf den müden Wegstrecken kann jedoch ein Tipp helfen: Sich auf den nächsten Schritt zu konzentrieren, auf das, was als nächstes zu tun ist, und nur auf das. Und es hilft ein zweites: Es hilft seine Hoffnung auf Gott zu setzen, oder wie Martin Luther sagt auf den HERRN zu harren.
Wir werden dadurch wieder stark, indem wir unser Vertrauen auf Gott setzen. Weil wir von ihm Hilfe erwarten. Weil wir von ihm Kraft erbeten. Weil wir darauf hoffen, dass er über den Dingen steht und er uns geben wird, was wir brauchen. Seine Hoffnung auf Gott zu setzen, ist ein ganz elementarer, ein ganz normaler Vollzug des Glaubens, etwas, was man als Christ macht. Es ist nicht neu. Es ist das, was schon immer galt, gilt und auch immer gelten wird: Dass Gott uns neue Kraft geben wird, wenn wir ihn darum bitten.
In diesen Zeiten brauchen wir von dieser Kraft Gottes in besonderer Weise. Denn die Zeiten, die wir gerade durchleben sind kräfteraubend. Unsere Seelen sind damit beschäftigt die neue, andere Situation einzuordnen. Sind die Maßnahmen noch angemessen zum Nutzen den Sie bringen? Reicht es nicht so langsam mit den Einschränkungen? Fordert nicht die Gesellschaft und Wirtschaft nicht langsam einen Weg zurück, eine Exitstrategie, einen Plan für das Leben nach dem Lockdown? Solche Fragen zu stellen kostet Kraft. Und vieles weitere in unserem Leben kostet auch Kraft: Den Alltag mit seinen Rhythmen so weit wie möglich beizubehalten und sich nicht gehen zu lassen in dieser Krise.
Den Glauben daran, dass das Leben auch wieder anders werden wird, die Hoffnung, dass es ein schönes Leben nach der Krise geben wird, auch das kostet Kraft. Denn wir versuchen ja unser Inneres so einzurichten, dass der Blick nach vorne gewandt bleibt und der Kopf eben nicht in den Sand gesteckt wird wie Vogelstrauß es tut.
Doch den Kopf oben zu behalten in dieser Krise, den Blick auf die wunderbare Zukunft, die bald anbrechen wird, zu richten, das kostet Kraft. Gott gibt uns diese Kraft, wenn wir ihn darum bitten. Doch er gibt sie uns nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen. So sagt es Dietrich Bonhoeffer in seinem Glaubensbekenntnis von 1943. Tag für Tag tun wir gut daran die Hände zu falten und Kraft für diesen einen Tag zu empfangen.
Jesaja hat uns in Kapitel 40 noch ein wunderbares Kraftbild mitgegeben. Den am Himmel fliegenden, den auffahrenden Adler. Haben Sie schon einmal so einen Adler in den Lüften seine Flugbahnen ziehen sehen? Zwei Meter breit ist die Spannweite seiner Flügel. Mühelos gleitet er dahin. Von Müdigkeit keine Spur. Er fliegt dorthin, wo er hinwill. Kraftvoll tragen ihn seine Flügel. Er muss nur verhältnismäßig wenig Kraft aufwenden, denn sein Körper ist perfekt für das Fliegen eingerichtet.
Jesaja sagt: Aber die auf den HERRN hoffen, gewinnen neue Kraft, sie heben die Schwingen empor wie die Adler. Sie schwingen sich wieder ins Leben zurück. Sie gehen den nächsten Schritt, sie bewegen sich, sie starten durch, sie geben wieder Gas, nicht weil sie aus sich selber heraus, solche Kraftbolzen wären, sondern weil Gott ihnen die Kraft gibt. Er ist der Geber, wir die Empfangenden. Möge Gott Gnade dazu schenken, dass wir unsere Hoffnung auf ihn, den Spender von Kraft setzen mögen. Wenn wir solche Kraft von Gott empfangen, dann fühlen wir uns auch schnell wieder wie die neugeborenen Kindlein, als solche die das Leben bejahen, kraftvoll ins Leben starten und einfach leben. Sein heiliger Name sei gelobt!
Und der Friede Gottes, der höher ist alle Vernunft, der halte unseren Verstand wach und unsere Hoffnung groß, und stärke unsere Liebe. Amen.