„Gott spricht: Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“ Jes 66,13
Liebe Gemeinde, lieber Leser, liebe Leserin,
dieser Vers aus dem Predigttext für den Sonntag Lätare [freut euch] ruft bei mir Bilder und Erlebnisse aus meiner Kindheit wach. Vor meinem inneren Auge sehe ich die Wunde an meinem Knie, die ich mir beim zu schnellen Laufen um den Häuserblock zugezogen habe. Einmal nicht aufgepasst und schon bin ich gestolpert. Jetzt läuft das dunkelrote Blut mein Schienbein herunter. Tränen steigen mir in die Auge und kullern langsam die Wange hinunter.
Ich fühle Schmerz, pochenden Schmerz, nicht unbedingt sehr stark, aber deutlich spürbar, der Schmerz stört. Denn das Spiel ist vorbei. Traurig humpele ich heim. Denn ich weiß, jetzt kann nur meine Mutter helfen. Von ihr gibt es kein: „Wie konntest du nur wieder so unvorsichtig sein?“ zu hören, keine Vorhaltungen, keine Kritik, keine Schelte. Nein, meine Mutter tröstet mich, wie eben nur eine Mutter trösten kann.
Sie ist da für mich. Das allein tröstet mich schon ungemein. Ja, sie wendet sich von der Arbeit, oder von dem, was sie sonst tut ab und wendet sich mir zu. Und zwar vollständig. Sie lässt sich von nichts ablenken, legt alles andere aus ihren Händen und kümmert sich zu 100 Prozent mit ihrer Zeit, mit ihrer Kraft, ja mit ihren ganzen Möglichkeiten, um mich ihr verletztes Kind.
Dabei spielt es keine Rolle, dass die Wunde am Knie medizinisch kaum bedrohlich ist. Was für die Mutter in ihrem Engagement zählt ist, dass ich Schmerz empfinde, dass es mir nicht gut geht, dass ich traurig bin. Um diesen Schmerz zu lindern, ist sie voll für mich da und kümmert sich um mich.
Sie streckt mir die Arme entgegen und drückt mich an ihr Herz, ja sie hält mich fest. Dann kümmert sie sich um die Wunde.
Das erste, was sie tut ist es, vorsichtig zu pusten. Neben einer kleinen medizinischen Wirkung, hat das Pusten vor allen Dingen psychologische Bedeutung. Ich spüre dadurch: da ist jemand da für mich, dem ich nicht egal bin, da ist jemand da für mich, der sich meiner annimmt.
Nach dem Pusten desinfiziert sie die Wunde mit ein wenig Jodlösung. Ja, das brennt ein wenig, reinigt die Wunde aber. Dann tupft sie das ausgetretene Blut ab und klebt ein Pflaster auf die verletzte Stelle.
Schließlich sagt sie mir noch gute, aufbauende Worte: Ist nicht so schlimm, das heilt wieder. Ich bin da für dich und werde deine Wunde versorgen, bis sie ausgeheilt ist.
Liebe Gemeinde, warum erzähle ich Ihnen so ausführlich von Erfahrungen aus meiner Kindheit? Der Grund warum ich das tue liegt in dem Wort „wie“. Denn in unserem Bibelwort für den heutigen Sonntag steht:
Gott will uns trösten, wie einen seine Mutter tröstet. Das heißt:
Mütter und Gott haben etwas gemeinsam. Sie trösten in der gleichen Weise. Schauen wir also auf den Trost, den eine Mutter spendet, so lernen wir etwas über den Trost Gottes.
Die Mutter tröstet dadurch, dass sie da ist. Gott tröstet dadurch, dass er da ist. Er ist da, auch und gerade in Zeiten der Corona-Krise. Wir haben vielleicht nicht das Gefühl, dass Gott da ist, aber dieses Gefühl tut der Tatsache, dass Gott jetzt da ist keinen Abbruch. Er ist bei uns in unserer Situation. Er weiß um unser Leben im Ausnahmezustand. Er weiß darum, dass wir momentan ganz viele neue Wörter kennenlernen: Katastrophenfall, Ausgangssperre, Ausgangsbeschränkungen. Er weiß wie wir uns fühlen: Eingesperrt, eingeschränkt, traurig, hoffnungslos, gedämpft, missmutig, vielleicht sogar verzweifelt. Und er ist da für uns in diesem allen. Zu ihm können wir nach wie vor beten. Seine Leitung ist 24 Stunden und sieben Tage die Woche frei. Er hat ein offenes Ohr für uns. Er hört sich an, was wir auf dem Herzen haben. Vor Gott sein Herz ausschütten zu können, tut uns gut, liebe Gemeinde. Es tut gut sich Luft zu verschaffen, Gott ganz genau sagen zu dürfen, wo der Schuh drückt. Beten verschafft der Seele Luft. Wir fühlen uns nach dem Gebet zu unserem HERRN in wunderbarer Weise erleichtert. Denn wir konnten loswerden, was unsere Seele belastet. Wir müssen unsere Traurigkeit, unsere negativen Gefühle nicht für uns behalten, sondern können sie Gott sagen. Das aussprechen des Belastenden allein kann schon helfen. Nun ist es aber auch so, dass Gott darüber hinaus auch auf unsere Bitten, sofern wir sie ihm stellen, reagiert. Wir können ihm nicht nur sagen, dass wir uns belastet fühlen und gereizt. Wir können Gott auch ganz direkt bitten: Lieber Herr, mein Herz ist unruhig. Schenke du mir doch bitte deine Ruhe und deinen Frieden. In mir herrscht die Finsternis der Hoffnungslosigkeit vor. Deshalb schenke du mir doch bitte das Licht der Hoffnung, der Hoffnung auf ein Ende der Krise, der Hoffnung auf das Leben nach der Krise. Lieber Herr schenke du doch bitte auch Frieden und Segen in unserem Haus und in den Häusern unserer Lieben. Wir sind momentan gezwungen zuhause zu sein. Das ist staatliche Anordnung. Deshalb bitten wir dich lieber Herr: Segne du das Miteinander in den Häusern. Gib, dass es nicht zum Lagerkoller kommt. Schenke, dass die Menschen in den Häusern mit Liebe und Respekt miteinander umgehen können.
Nicht nur wir dürfen mit Gott reden, indem wir beispielsweise zu ihm beten. Gott redet auch zu uns. Er spricht zu uns durch sein Heiliges Wort. Seine Worte zu hören ist jetzt sehr wichtig für uns. Damit wir den Glauben nicht verlieren. Damit wir nicht irre werden an dieser Krise.
Er sagt z.B. in Matthäus 11,28: Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid. Ich will euch erquicken. Viele von uns sind jetzt mühselig und beladen in dieser Situation. Gott spricht ihnen jetzt durch Jesus diese Worte zu. Jesus selbst will euch erquicken. Jesus selbst will eure Herzen beruhigen. Jesus selbst will euch Frieden schenken.
Dieser Friede Gottes, der höher ist alle Vernunft bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Amen.