Liebe Gemeinde, lieber Leser, liebe Leserin,
wie das geduftet haben muss! Jesus ist mit seinen Jüngern in Betanien in einem Haus zu Gast. Es ist das Haus von Simon. Simon ist ein Aussätziger. Jesus scheut sich nicht mit ihm Tischgemeinschaft zu haben, sondern setzt sich zu Simon an seinen Tisch. Auf einmal kommt eine Frau. Ihren Namen erfahren wir nicht. Aber uns wird erzählt, was sie tut. Sie nimmt ein Glas mit kostbarem Nardenöl. Sie zerbricht es und gießt es auf den Kopf von Jesus. Ein wunderbarer Duft erfüllt das Haus. Einige der Jünger saugen diesen Duft genüsslich auf. Denn es tut ihnen gut den Duft zu riechen. Er lenkt sie ab von ihrem Alltagsleben, er entführt sie in wunderbare Welten. Manch einen erinnert der Duft an vergangene gute Zeiten. Er ruft in ihnen Erinnerungen wach, Kindheitserinnerungen, Erinnerungen an eine Welt in der manches besser war als jetzt, Erinnerungen an die heile und schöne Welt der Kindheit.
Sich zu erinnern kann gut tun, lieber Leser, liebe Leserin. Es gab Zeiten in denen es besser lief als heute. Wir sind dankbar für solche guten Zeiten. Momentan aber durchleben wir andere Zeiten, schwere Zeiten, Zeiten der Einschränkung, der Angst vor Ansteckung mit dem Corona-Virus, der Sorge um die Gesundheit lieber Angehöriger, der Sorge um den eigenen Arbeitsplatz, Zeiten der Trauer über bald 50.000 Tote (Stand 4. April 2020), auch in Spanien, Italien, Deutschland, Bayern, Coburg und Lichtenfels. Zeiten, der Sorge, um den Fortbestand der Menschheit.
In diesen schweren Zeiten der Corona-Krise kann es helfen sich durch Düfte, Fotographien besserer Zeiten, Gegenstände oder auch nur in Gedanken daran zu erinnern: In meinem, in unserem Leben gab es schon viele schöne, freie, glückliche und uneingeschränkte Zeiten. Gott der Herr hat diese guten Zeiten geschenkt. Wir haben die guten Zeiten gerne aus seiner Hand genommen. Gott gebe uns die Kraft auch die schweren Zeiten aus seiner Hand zu nehmen und sie mit seiner Hilfe und der Hilfe der Gemeinschaft durchzustehen. Gott ist ein solidarischer Gott. Gott geht mit uns dadurch. Gott trägt uns wenn es sein muss dadurch. Wir sind in diesen Zeiten gefordert es Gott nachzutun und ebenfalls solidarisch mit unserem Mitmenschen umzugehen. Und ich bin so froh, dass das landauf- landab passiert. Da helfen Menschen anderen. Da kümmern sich Menschen um andere. Da stehen sie für einander ein. Da rücken Menschen in der Krise und durch die Krise zusammen. Das ist etwas, was Jesus sehr gefällt. Es ist Duft in seiner Nase: Der Duft der Liebe.
Doch längst nicht alle in unserer Geschichte erfreuen sich am Duft des vergossenen Nardenöls. Einige reagieren ärgerlich. "Verschwendung!" rufen sie. Man kann das Öl verkaufen und mit dem erlösten Geld vielen Armen etwas Gutes tun. So richtig diese Sicht ist: Jesus geht gar nicht auf sie ein. Für ihn etwas anderes wichtig an dieser Stelle. Für ihn zählt etwas anderes. Für ihn zählt die Liebe, die Liebe zu ihm, die Liebe die, die Frau durch das Darbringen des Öls zum Ausdruck gebracht hat. Das ganze Haus duftet nach Liebe zu Jesus, nach Ehre für Jesus, nach Dank für Jesus. Die Frau hat Jesus mit ihrem Nardenöl etwas Kostbares geschenkt. Mit dem Ausgießen des Öls hat sie Jesus Wertschätzung und Ehrerbietung entgegengebracht. Sie hat seinen Leib im Voraus gesalbt für sein Begräbnis (Mk 14,8). Sie hat sich ihren Dank an Jesus, für das, was er in ihrem Leben getan hat, etwas kosten lassen. Was könnte für uns heute die Narde sein, das kostbare Öl, das wir Jesus schenken?
Vor einiger Zeit besuchte ich mit einigen Gemeindegliedern die Paramentenwerkstatt in Neuendettelsau. Paramente sind kirchliche bzw. liturgische Textilien. Im Ausstellungsraum der Schneiderei hingen kunstvoll gestaltete Paramente, teilweise waren Symbole wie das Kreuzzeichen in die Paramente eingearbeitet. Besonders die starken, warmen Farben der Kirchentextilien sind mir in Erinnerung. Die meisten Paramente waren modern gestaltet. Allen Paramenten aber war die Mühe und Sorgfalt die ihre Produktion bedeutete anzusehen. Die Hingabe des Schneiders beim Anfertigen dieser heiligen Textilien war deutlich erkennbar. Die Produktion hat den Schneider einiges gekostet. Er hat mit Herzblut an ihnen gearbeitet, damit die Paramente schön werden. Nicht weil, er es müsste, sondern weil er Gott liebte. Die Paramente, so hatte ich den Eindruck, wurden zur Ehre Gottes geschaffen. Als ich mich im Schauraum umblickte entdeckte ich dann auch ein Gebet, das meine Gedanken bestätigte: „O Herr, der du die Narde des Weibes annahmst, lass allen Fleiß, womit wir deine Kirche und Altäre schmücken auch sein ein Glas Narde auf deine Füße gegeben." Für die Schneider von Neuendettelsau sind die Paramente die Narde, die sie Jesus schenken.
Was kann unsere Narde für Jesus sein? Was können wir ihm schenken? Wir können ihm z.B. Zeit schenken. Wir können ihm z.B. 30 Minuten unserer Zeit schenken und eine Andacht für Jesus feiern. Wir können ihm sagen: Hier lieber Jesus hast du ein Stück von meiner Zeit. Es ist für dich. Ich schenke es dir, weil ich dich lieb habe und du mein Heiland und Retter bist. Derjenige, der mich von Schuld und Sünde durch seinen Tod am Kreuz errettet hat, derjenige, der mir Heil und Heilung geschenkt hat, schenkt und schenken wird, derjenige, der mir auch jeden Tag die Kraft gibt die Krise zu überstehen, derjenige, der uns nach der Krise neues Leben schenken wird, derjenige, der dafür Sorge trägt, dass wir ins Leben zurückkommen können, derjenige, der durch seine Auferstehung ewiges Leben für uns möglich macht, Leben bei Gott in der Herrlichkeit.
Die Narde kann also ein Parament sein. Die Narde kann aber auch unsere Zeit sein. Zeit mit Jesus ist sinnvoll investierte Zeit. Zeit der Liebe zu Jesus, Zeit der Liebe von Jesus. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich Jesus nicht lumpen lassen wird und wir aus der Zeit mit Jesus als Beschenkte, ja als Gesegnete hinausgehen werden. Unsere Zeit steht in seinen Händen. Sein heiliger Name sei gelobt!
Und der Friede Gottes, der höher ist alle Vernunft bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Amen.